The ABC of Racist Europe

Ein Workshop für Interessierte an anti-rassistischen Methoden, Techniken des Dis-Otherings sowie an den Perspektiven und Aktivitäten von Kindern haben.

Möchtet Ihr einen Beitrag für die Zukunft der jüngeren Generationen leisten? Seid Ihr daran interessiert, mit vielen Menschen und ihren Ansichten ein Kinderbuch zu schreiben, das sich mit Antirassismus und dekolonialem Denken beschäftigt? Wir glauben, dass so wichtige Themen aus dem Erwachsenenalter herauskommen und Wege finden müssen, um übersetzt und an Kinder weitergegeben zu werden. Wenn Ihr die gleiche Überzeugung teilt, nehmt teil und engagiert Euch! Wir hoffen, dass dies nur der Anfang und eine erste Grundlage für zukünftige Aktivitäten bildet und nicht nur auf den Rahmen dieses Workshops im Rahmen von GEOGRAPHIES OF IMAGINATION reduziert bleibt.

“Sein oder Nichtsein" fragt der englische Schriftsteller William Shakespeare in einem der wichtigsten Werke der europäischen Literatur. Das Subjekt stellt diese Frage, um sich zwischen Leben und Tod, Aktion und Untätigkeit definieren zu können, indem es über Zweifel und Unentschlossenheit in einem Werk nachdenkt, das in europäische existenzialistische und relativistische Tendenzen eingeschrieben ist. Die Frage wird von einem Subjekt formuliert, das die Möglichkeit hat zu entscheiden, einem Subjekt, das einen gewissen Grad an Freiheit hat, einem Subjekt, das eine privilegierte Stellung einnimmt, die es ihr/ihm erlaubt, das eigene Schicksal zu definieren. Das Sein oder Nichtsein Hamlets steht in krassem Gegensatz zu den Vorstellungen vom Sein oder Nichtsein des antillischen und antikolonialen Autors Frantz Fanon, der die Linie des Seins oder Nichtseins in Beziehung zu jener Position setzt, die ein Subjekt in der Welt einnimmt. Das geschieht hauptsächlich aufgrund von Ethnizität und der Zugehörigkeit zu Kolonialgebieten als Aspekte, die bestimmen, ob man als "Mensch" betrachtet und behandelt wird oder nicht. So bezieht sich Fanon im Werk "Die Verdammten dieser Erde" auf ein rassistisch-definiertes koloniales Subjekt, dessen entmenschlichende Unterdrückungssituation es nicht bestimmen lässt, und dessen Tod oder Leben durch die weiße Kolonialmacht und nicht durch das Subjekt selbst bestimmt wird. So manifestiert sich der Begriff des Seins in einem Fall von und durch einen Ort des Privilegs und der Wahlfreiheit, im zweiten Fall aus einem Raum der Unterdrückung. Auf diese Weise wird das gleiche Wort, der gleiche Satz, die gleiche Frage auf sehr unterschiedliche und fast entgegengesetzte Weise definiert, abhängig von der Hautfarbe des Subjekts, race, der Klasse, Gender und dem Land, in dem es geboren wurde. Dies sind die vielfältigen und manchmal gegensätzlichen Perspektiven und Erfahrungen, mit denen wir uns beschäftigen möchten.

Während des Workshops wird es eine kurze Einführung in die Begriffe Kolonialität, Rassismus und Eurozentrismus geben, die mit dem Begriff des Seins und Nicht-Seins von Frantz Fanon verbunden sind. Es folgt eine Diskussion über "koloniale Positionalität" in Bezug auf Sprache, d.h. wie man die Worte und Konzepte, die wir je nach Körper und Nationalität verwenden, versteht. Dazu verwenden wir das Buch "The ABC of Racist Europe", in dem verschiedene Wörter sowohl durch ihre eurozentrische und weiß-zentrische Interpretation als auch durch ihre antikoloniale und antirassistische Interpretation hinterfragt und erklärt werden. So kann sich der Buchstabe F, der für den Begriff "Flugzeug" verwendet wird, auf das "Verkehrsmittel, mit dem europäische Touristen frei durch die ehemaligen Kolonien reisen" oder auf die "Flugzeuge, die zur Massendeportation von Migrant*innen aus den ehemaligen Kolonien eingesetzt werden" beziehen. Oder der Buchstabe P wird für den Begriff "Papier" verwendet, der sich auf ein "rechteckiges Stück laminiertes Material in Weiß, das für Handschrift oder Druck verwendet werden kann" oder ein "Dokument, das eine gewisse Zeit lang erlaubt, dass Migrant*innen in Europa nicht gewaltsam abgeschoben werden". In Anlehnung an die Idee des Buches "The ABC of Racist Europe" werden wir während des Workshops gemeinsam an der Schaffung eines Alphabets in deutsch zu Begriffen wie weiße Vorherrschaft, Eurozentrismus und kolonialer Rassismus arbeiten, Konzepte und Begriffe in ihren verschiedenen Interpretationen diskutieren und Bildern mit Collage-Techniken erarbeiten, um diese Konzepte zu illustrieren.

DANIELA ORTIZ (geboren 1985 in Cusco, Peru, lebt und arbeitet in Barcelona). Mit ihrer Arbeit will Daniela visuelle Erzählungen generieren, in denen die Begriffe Nationalität, Rassismus, soziale Klasse und Genre untersucht werden, um die kolonialen, patriarchalen und kapitalistischen Machtstrukturen kritisch zu hinterfragen und zu verstehen. Ihre jüngsten Projekte und Forschungsarbeiten befassen sich mit dem europäischen Migrationskontrollsystem, seinen Verbindungen zum Kolonialismus und der von den europäischen Institutionen geschaffenen Rechtsstruktur, die bestehen um migrantischen Gemeinschaften Gewalt anzutun.

Daniela hat Projekte über die peruanische Oberschicht und ihre ausbeuterische Beziehung mit Hausangestellten entwickelt. Kürzlich hat sich ihre künstlerische Praxis wieder in visuelle und manuelle Arbeit verwandelt, indem sie Kunstwerke in Keramik, Collage und in Formaten wie Kinderbüchern entwickelt hat, um Distanz zur eurozentrischen Konzeptkunstästhetik zu nehmen.

Zusammen mit ihrer künstlerischen Praxis ist sie Mutter eines 1-jährigen Kindes, gibt Vorträge und Workshops, führt Forschungen durch und beteiligt sich an Diskussionen über das europäische Migrationskontrollsystem und den Verbindungen zur Kolonialität in verschiedenen Kontexten.

Im Rahmen von DIS-OTHERING: BEYOND AFROPOLITAN AND OTHER LABELS - ein Kooperationsprojekt zwischen dem BOZAR-Zentrum für Schöne Künste (Brüssel), Kulturen in Bewegung (Wien) und SAVVY Contemporary (Berlin) über die notwendige Dekonstruktion von "Othering"- Praktiken in europäischen Kulturinstitutionen.

Dieses Projekt wird vom Creative Europe Programm der Europäischen Union kofinanziert.