Spinning Triangles:
ANSTOSS ZU EINER
SCHULE FÜR GESTALTUNG.
Dessau

Anlässlich des 100-jährigen Bauhausjubiläums fordert SAVVY Contemporary mit dem Projekt Spinning Triangles die inhärenten, neokolonialen Machtstrukturen in Gestaltungspraxis, -theorie und -lehre heraus. Es nimmt den Gründungsmoment des Bauhauses vor 100 Jahren auf, um sich ihrer Realität als Schule zu stellen, und diesen Moment zu verdrehen und umzuformen.

Das Langzeit-Projekt beginnt in Dessau, wo im Januar 2019 ein Bauhaus-Klon ankommen wird: Van Bo Le-Mentzel wird ein neues Tinyhouse errichten, die “Wohnmaschine” – eine Miniaturversion des Werkstattflügels des Dessauer Bauhaus-Gebäudes. Hinter der ikonischen Fassade verbirgt sich eine fünfzehn Quadratmeter große Wohnung, samt ausgeklügelter Inneneinrichtung und Ausstellungsfläche. Hier wird SAVVY Contemporary nicht nur einziehen, sondern auch Gäste einladen, um Raum und Eigentum auszuhandeln und das komplexe Erbe der Moderne zu hinterfragen. Durch Interventionen verschiedener Akteur*innen wird das mobile „Weltkulturerbe“ aktiviert und für eine „academy of the fireside“ der Öffentlichkeit preisgegeben, samt Bibliothek.

Während dieser Zeit werden wir uns dem Bezug von Kolonialität und Gestaltung stellen sowie deren alltäglichen Sicht- und Unsichtbarkeiten. Beiträge von Lamin Fofana, Saskia Köbschall, Henrike Naumann and Ahmet Öğüt werden uns auf unterschiedliche Weise auf Begebenheiten aufmerksam machen, während vier Workshops den Rest der Woche begleiten: Van Bo Le-Mentzels Format des Kinderbuch-Hacks (moderiert von SAVVY Contemporary), ein Demo-banner Workshop im VorOrt Haus (als Unterstützung der Oury Jalloh Demonstration), ein Student*innen-Workshop zu Dekolonisierung von Design von Pedro Oliveira and Luiza Prado, und ein langtägiges Format von Lambert Mousseka zu Rassismus und Dekonstruktion von Kolonialität in Comicbüchern. Die Workshops sind teils für die breite Öffentlichkeit, teils für Studierende und Schüler*innen und wollen unsere Perspektive auf Moderne und Modernismus herausfordern.

Der Bauhausklon wird sich während diesem Prozess wandeln und bewegen, bis er mit einer Nachricht nach Berlin reist um dort beim „100 jahre bauhaus“ Eröffnungsfestival dabei zu sein.

WOHNMASCHINEInstallation von Van Bo Le-Mentzel, B-AU 7105 / O Jalloh, Oury Jalloh gewidmet, 04.01.2019–22.01.2019. Die „Wohn-maschine“ ist ein Tinyhouse, das von Van Bo Le-Mentzel im Rahmen des Spinning Triangles Projekts entwickelt wurde. Es handelt sich um einen Miniaturklon des bekannten Werkstattflügels des Dessauer Bauhaus-gebäudes, in dem sich hinter der ikonischen Fassade eine vollfunktionierende und elaboriert gestaltete Wohnung und Ausstellungsfläche auf 15 Quadrat-metern verbirgt. Dieses Zuhause wird verschiedene Akteur*innen beherbergen und seine Form stetig verändern, während wir uns spielerisch und aktiv mit seinen Möglichkeiten und Unmöglichkeiten auseinandersetzen. SAVVY Contemporary wird diesen Raum für zwei Wochen in Dessau bewohnen und sein Wohnzimmer für die Öffentlichkeit und Studierende öffnen, um die Wohnmaschine in eine „academy of the fireside“ [Akademie des Lagerfeuers] zu verwandeln. Die „Wohnmaschine“ wurde unterstützt durch die HGH Hildesheim (Fassadenbau) und die Ikea Stiftung. Entwurf: Van Bo Le-Mentzel (frei nach Walter Gropius). Bau: Noam Goldstein, Raphael Behr, Patrick Figgle.
VAN BO LE-MENTZELgeb. 1977 in Nongkhai, Thailand, ist Architekt, Autor (Der Kleine Professor, 2016) und Filmemacher aus Berlin. Er ist unter anderem Initiator mehrerer Initiativen zwischen Design und sozialer Teilhabe. Bekannte Projekte sind Hartz IV Möbel (2010), One Sqm House (2013), Karma Chakhs (2013), Tinyhouse University (2015) und das Co-Being House. Seine Möbel und Tiny Houses wurden international ausgestellt und haben Eingang gefunden in die Sammlung verschiedener Museen (Vitra u.a.). Mit dem Vorschlag einer modular gefertigten „100 Euro Wohnung“ sorgte Le-Mentzel 2017 in der Immobilienbranche für Aufsehen. 2016 erschien sein erster Kinofilm 3 min of Fame, Love and Peace, ein interreligiöses Projekt mit Jüd*innen und Muslim*innen. Für seine Initiativen wurde Le-Mentzel mehrfach ausgezeichnet, u.a. mit dem ZEIT WISSEN-Preis Mut zur Nachhaltigkeit und dem Bayreuther Vorbildpreis. Sein aktuelles Projekt ist die „Wohnmaschine.“ Er mischt sich auch in städtebauliche Debatten ein. Mit seiner Vision der „Circular City“ will er soziale Nachbarschaft, Parks und Industrie in einen Kreislauf setzen.

LESERAUMausgewählte Bücher und Objekte des SAVVY.doc und des Colonial Neighbours Archivs, 04.01.2019–22.01.2019. Als ein integraler Bestandteil der “Akademie des Lagerfeuers”, die SAVVY Contemporary in der „Wohnmaschine“ in Dessau erprobt, stellen wir Bücher und Objekte zur Verfügung, die das „Spinning Triangles“ Projekt und die Aktivitäten in Dessau kontextualisieren. Die Öffentlichkeit ist eingeladen, den Leseraum während der Öffnungszeiten zu nutzen und sich zu neuen Fragen und Bezügen anregen zu lassen.

PROTEST AKADEMIEWorkshop mit Alexander Lech, 06.01.2019, 12:00–18:00, Deutsch/Englisch/Französische Übersetzung möglich. Im Rahmen der Gedenkveranstaltung zum 14. Todestag von Oury Jalloh, am 7. Januar 2019 in Dessau, soll bereits am 6. Januar ein Demonstrationsworkshop in der Wohnmaschine im VorOrt-Garten stattfinden. Im Workshop werden sich die Teilnehmer*innen intensiv mit den Hintergründen des Falls aus-einandersetzen und gemeinsam Inhalte für die Gestaltung von Protestbannern erarbeiten. Ziel des Workshops ist es, mit präzisen Statements und eindrücklicher Inszenierung positiv die Gedenkveranstaltung zu unterstützen.
ALEXANDER LECHist ein Dessauer Kommunikations-/Integrated Designer. Der gelernte Fahrzeuglackierer gründete 2012, nach zwei Auslands-semestern in China und den USA, bereits während seines Designstudiums an der Hochschule Anhalt „BÜROHALLO“ – die Bürogemeinschaft für Kommunikationsdesign im VorOrt-Haus in Dessau. Der Fokus des Designbüros liegt vorrangig auf Kommunikationsdesign für den soziokulturellen Bereich, sowie im Kontext der aktivierenden Stadtentwicklung. Der gebürtige Bernburger ist Gründungsmitglied des VorOrt e.V. und hat seit 2017 Lehraufträge an der TU Braunschweig, der Hochschule Anhalt und organisiert Typografie- und Möbelworkshops am liebsten unter freien Himmel.

DREIECKIGE GESCHICHTEN: KINSHASA – PORT-AU-PRINCE – BERLINGespräch mit Henrike Naumann, 09.01.2019, 18:30–19:30, Deutsch/Englisch. Die Künstlerin nimmt uns auf eine Reise mit: von ost-deutschen Möbelgeschäften bis zu einem experimentellen Rave Museum auf Haiti und Ästhetiken von Macht in Kinshasa.
HENRIKE NAUMANNgeb. 1984 in Zwickau, DDR, in Ostdeutschland aufwachsend, erfuhr Henrike Naumann rechtsextreme Ideologie als dominante Jugendkultur in den 90er Jahren. Ihre Arbeit reflektiert die Geschichte des rechten Terrorismus in Deutschland und die heutige Breitenakzeptanz rassistischer Ideen. Sie interessiert sich für die Mechanismen von Radikalisierung und dafür, wie diese an persönliche Erfahrungen und Jugendkulturen geknüpft sind. Das Reibungsverhältnis entgegengesetzter politischer Meinungen erkundet sie im Umgang mit Geschmack und persönlicher Alltagsästhetik. In ihren immersiven Installationen kombiniert sie Video und Sound mit szenografischen Räumen. Der Fokus ihrer Arbeit erweitert sich in Auseinandersetzung mit globalen Verbindungen von Jugendkulturen und der Umkehrung von kulturellem „Othering“. Zu den jüngsten Ausstellungen gehören Eurotique bei der Riga Biennial of Contemporary Art (LV), 2000 bei der Busan Biennale (KR)‚ Because I live here im MMK Frankfurt und DDR Noir in der Galerie im Turm Berlin.

146 JAHRE SILENT UNIVERSITYGespräch mit Ahmet Öğüt, 11.01.2019, 18:30–19:30, Englisch. Ein Abend zu den 146 Jahren der Silent University – von einer Gesellschaft, die das Studieren zuhause ermutigt, von einer radikalen Bildungsplattform als partizipative Aktion, ohne Beschränkungen durch Einwanderungsgsetze, Sprachbarrieren und andere bürokratische Hindernisse.
AHMET ÖĞÜTgeb. 1981 in Diyarbakır, Turkey, ist ein soziokultureller Initiator, Künstler und Dozent, der in Berlin und Amsterdam lebt und arbeitet. Er ist der Initiator der Silent University, einer autonomen Plattform des Wissensaustauschs zwischen Geflüchteten und Asylsuchenden. Mit einer Vielzahl von Medien arbeitend, umfassen Öğüts institutionelle Einzelausstellungen unter anderem Bakunin’s Barricade, Kunstverein Dresden (2018), Hotel Résistance, KOW, Berlin (2017), No Protest Lost, Kunsthal Charlottenborg, Copenhagen (2017). Öğüt ist für die Silent University mit folgenden Preisen ausgezeichnet worden: Visible Award (2013), De Volkskrant Beeldende Kunst Prijs 2011, Niederlanden;Kunstpreis Europas Zukunft, Museum of Contemporary Art, Deutschland (2010). Er ko-repräsentierte die Türkei auf der 53. Venedig Biennale (2009).

KINDERBUCH-HACK WORKSHOPmit SAVVY Contemporary, 12.01.2019, 15:00–16:30, Deutsch/Englisch/Französische Übersetzung möglich. Dieser Workshop ist eine Adaption des Crowdbook Workshops, den Van Bo Le-Mentzel als ein Format des Experimentierens mit partizipativen Innovationsprozessen entwickelt hat: Eltern, Erziehende und Interessierte lernen Kinderbücher zu „hacken,“ um problematische Inhalte zu verändern, zu ersetzen oder umzuformen, insbesondere offensichtliche und weniger offensichtliche Rassismen und Binaritäten. Wir werden die gehackten Bücher drucken und binden, sodass die Teilnehmenden ihr eigenes Exemplar mitnehmen können. Aus den Büchern werden wir am Tag darauf gemeinsam mit Kindern Auszüge lesen. (13.01.2019, 13:00–16:00) Gleichzeitig zu dem Hack-Workshop wird es einen Bastelworkshop mit Kindern geben.

GEMEINSAM EINEN RAUM BAUENWorkshop mit kReAtivUM, Deutsch/Englische und Französische Übersetzung möglich, 12.01.2019, 15:00–16:30. Dieser Workshop passiert parallel zum Kinderbuch-Hack: Die Kinder schaffen sich für den nächsten Tag einen gemütlichen Raum zum Vorlesen. Sie bauen ein Haus im VorOrtHausGarten aus Stöcken, Bandagen, Stoff, Kork, Holz, Gipsbinden und machen so gleichzeitig die Erfahrung, was es bedeutet, ein Haus für Gemeinschaftlichkeit zu erschaffen.
KREATIVUMkReAtivUM setzt sich aus RAUM und kreativ zusammen, dieser Raum ist im VorOrtHaus zu finden, Gabriela Schönherr (Naturpädagogin, Landschaftsökologin und Frühförderin) und Katja Petry (Ergotherapeutin und Design Studentin) bieten verschiedene Workshops für Kinder sowie für Erwachsene an.

YOU HAVE CONFUSED THE TRUE AND THE REALListening Session mit Lamin Fofana 2.01.2019, 18:30–19:30. ”Der Westen ist ein wahnwitziges Asyl, ein bewusstes und vorsätzliches Gefäß von schwarzer Magie.“ – Fred Moten. Betrachtungen zu Schwarzem Leben im gegenwärtigen Europa / Reflektionen über die ungezügelte gewaltvolle (Nicht)Realität weißer Vorherrschaft / Wie anstrengend, ermüdend, aufwendig ist es, diese Fantasie aufrecht zu erhalten? Die Ökonomie des Schauens und Angeschautwerdens, Schauspiel und Zuschauerei, Genuss und Genossenwerden / Wie entkräftend ist das Ausmaß an Gewalt und Prüfung?
LAMIN FOFANAist ein elektronischer Produzent und Künstler in Berlin. Seine instrumentelle elektronische Musik kontrastiert die Realität unserer Welt mit dem Jenseitigen und erkundet Fragen von Bewegung, Migration, Entfremdung und Zugehörigkeit. Er ist aus Sierra Leone, lebte in Guinea, den USA, und lebt und arbeitet derzeit in Berlin.

RAUMMEDITATION AUF EINEM QUADRATMETERWorkshop gefolgt von Atemübungen und einer Yoga-Grundlagen-Stunde mit Lynhan Balatbat-Helbock, 19.01.2019, 15:00–17:00, Deutsch/Englisch. Yoga und seine Verbindungen zum Bauhaus werden Kerninhalt einer kurzen Einführung sein, bevor wir dies über einfache Körper-übungen am eigenen Körper erfahren. Wie bezogen sich Individuen und ihr Schaffen am Bauhaus zu Meditationspraktiken, und inwiefern sind diese gesellschaftlichen Stränge in weiteren Epochen miteinander verwoben? Wie steht es um unser heutiges Verständnis von Yoga und Körperkult? Durch unsere eigene körperliche Erfahrung werden wir versuchen, uns selbst aktiv wahrzunehmen und diese Verbindungen zu dekonstruieren. 
LYNHAN BALATBAT-HELBOCKist eine in Berlin lebende Kuratorin und Forscherin bei S A V V Y Contemporary. Sie ist Teil des partizipativen Archivs Colonial Neighbours, das sich mithilfe von Objekten und ihren Geschichten der Diskussion verschiedener Geschichtsschreibungen widmet, sowie der Dekanonisierung des westlichen Blicks. Sie erhielt ihren MA in Postcolonial Cultures and Global Policy bei der Goldsmiths University of London. 2017 assistierte sie das Management für das documenta14 Radioprogramm – Every Time a Ear di Soun, SAVVY Funk. Sie unterstütze außerdem die Künstlerin Bouchra Khalili mit mehreren Projekten und Ausstellungen. Kürzlich gestaltete sie die Produktion von Agnieszka Polskas Kommission für den Hamburger Bahnhof in Berlin (Preis der Nationalgalerie, September 2018 – März 2019). Lynhan ist ebenso praktizierende Yoga-Lehrerin und erhielt ihr Lehrzertifikat durch Spirit Yoga Berlin (Patricia Thielemann). Sie nahm an zahlreichen Workshops mit Matthew Cohen, Lin Min, Max Strom und Krishnataki (Sunshine House Greece) teil. In ihrer eigenen Unterrichtspraxis sucht sie den erdenden Impuls, die heilende Macht der Berührung sowie die Raumschaffung, um unser tägliches Gehetztsein in Gleichgewicht zu bringen.   

LICHT, LUFT UND SONNE! LIFE REFORM, NUDISM AND GERMAN-COLONIAL ENTANGLEMENTSTalk mit Saskia Köbschall, Englisch/Diskussion auch in Deutsch möglich, 09.01.2019, 18:30–19:30. Von der persönlichen und DDR-geprägten Verbindung der Autorin zur FKK-Bewegung ausgehend, ruft dieser Vortrag zur gründlichen Untersuchung der verwobenen Beziehungen zwischen kolonialer Begegnung, ihrer rassistisch-hierarchisierten Philosophie und der Lebensreform-Bewegung auf, um so ihren Einfluss auf die tiefliegenden Ideen von Gemeinschaftsbildung in Deutschland herauszuarbeiten und deren Beziehung zu Körperidealen und Mensch-Natur Relationen hervorzuheben. Der Vortrag argumentiert, dass trotz der offensichtlichen zeitlichen Überschneidungen, der Verbindungen zwischen Protagonist*innen und ihren Ideen und trotz des erwiesenen Einflusses auf den Nationalsozialismus, die Kolonialität der Lebensreform-Bewegung ein blinder Fleck in der akademischen Forschung ist. Wenn wir ihr koloniales Erbe ernst nehmen, was sind dann die politischen und ethischen Konsequenzen für unsere Auseinandersetzung mit ihrer Hinterlassenschaft in unserer Gegenwart, sei es in FKK-Praktiken, in Kunstbildungstheorien – insbesondere im Bauhaus und seiner Nachfolgeinstitutionen – oder in vegetarischen Diäten?
SASKIA KÖBSCHALList eine in Berlin geborene Kuratorin, Wissenschaftlerin und Lektorin mit dem Fokus auf dekoloniale Narrative. Sie schloss ihren MA in Anthropologie als Fulbright Stipendiatin an der New School for Social Research in New York ab, wo sie ebenfalls an der Parsons School of Design unterrichtete. 2011 bis 2017 war sie Managerin und Teil des kuratorischen Teams von S A V V Y Contemporary. Sie ist Co-Herausgeberin der in Kürze erscheinenden Ausgabe des eJournals – Art Education Research (ZHdK) zu art education hi/stories. Außerdem ist sie Stipendiatin des Recherchestipendiums Bildende Kunst des Berliner Senats 2018.

GRAPHIC NOVELS ENTPACKENWorkshop mit Lambert Mousseka und Student*innen der Hochschule Anhalt ür 13–16-Jährige empfohlen, 20.01.2019, 14:00–16:00, Deutsch/Englisch, Französisch und Lingala Übersetzungen möglich. In diesem Workshop werden wir eine der Veranstaltungen wieder aufnehmen, die früher in der Woche mit Studierenden abgehalten wurde: Wir werden über den Comic „Tim und Struppi im Kongo“ reden und ihn „entpacken,“ ihn zerlegen und unsere eigenen Narrative bilden. Siehe Beschreibung des Workshops für Studierende „Comic Gegen-Hinterlassenschaften“ für weitere Einzelheiten.
LAMBERT MOUSSEKAgeb. in Kananga, D.R. Kongo. Studierte Marketing und Puppenspiel in Kinshasa, bevor er sich der Kunst widmete. 2008 absolvierte er sein Studium an der Akademie der Bildenden Künste Stuttgart. Er arbeitet als Puppenspieler und Bühnenregisseur, etwa für die Ruhr Triennale. Ausgestellt hat er unter anderem in der D. R. Kongo, in vielen anderen afrikanischen Ländern, in Frankreich, Pakistan, Deutschland, etc., und beteiligt sich an vielen Initiativen und Künstlerresidenzen. In Kinshasa hat er den „Espace Masolo“ mitgegründet, einen Raum, in dem seither inter-generationelle Wissensvermittlung stattfindet.

Impossible Methods Workshop für Student*innen mit Decolonising Design (Dr. Pedro Oliveira, Dr. Luiza Prado), 11.01., 14.01., 15.01.2019, Englisch. Der Akt des Gestaltens bringt andere Gestaltungen in der Welt hervor, und das in der Weise, dass er in Prozesse, Performances, Interaktionen, Narrative und Relationen eingreift, die alle kontextabhängig und soziokulturell geprägt sind. Mit anderen Worten: Wir verstehen den Akt des Gestaltens als einen, der materiellen Diskurs produziert; dennoch argumentieren wir, dass die von gestalteten Dingen produzierten Diskurse nichts anderes als vorläufig und performativ sein können. In Impossible Methods gehen die Teilnehmenden von einem gestalteten Artefakt aus, das sie eigenständig zur Veranstaltung mitbringen. Dieses Objekt soll auf ein Schlüsselwort oder Statement Bezug nehmen, das wir den Teilnehmer*innen vor Beginn des Workshops mitteilen. Lansgam werden wir die Netzwerke aufdecken, die die Existenz dieses Objektes in der Welt prägen, sowie die Konsequenzen seines Gebrauchs. Dieses Auspacken kann narrative, performative, kartografische Formen annehmen oder sich an etwas anderem Vorhandenen oder Ersehnten entlanghangeln. Wichtig ist bei diesem Prozess nicht das Wie, sondern das Was und das Warum. 

decolonising design gründete sich 2016 durch acht Forscher*innen, Gestalter*nnen, Künstler*innen und Aktivist*innen aus oder mit Verbindungen zum Globalen Süden, als Antwort auf euro- und anglozentristische, sozio-technologische Gestaltungspolitiken und -pädagogiken, gleichermaßen als Forschungsbereich und Praxis. Als Recherchegruppe und Plattform ist unser Bestreben, zu einem „Anders-Denken“ einzuladen, über die Komplizenschaft von Gestaltung, strukturellen Ungleichheiten und Randphänomenen, in einer Welt, die sehr von westlichen, euro- und anglozentristischen Systemen gestaltet ist (die Akademie als eine davon). In dieser Hinsicht will unsere Gruppe nicht eine „alternative Sichtweise“ auf Gestaltung vorschlagen, sondern eher die Grundlagen befragen, auf denen diese Disziplin etabliert wurde.

Dr. Pedro Oliveira ist Soundkünstler und Forscher. Seine Arbeit erfragt die kolonialen Politiken der akustischen Gewalt, insbesondere die Artikulationen der Polizeigewalt und der Körper-Überwachung durch Klang und Hörpraktiken. Seine aktuelle künstlerische Recherche beschäftigt sich mit Akzenterkennungs--Technologien innerhalb der Migrations- und Grenzindustrie Deutschlands und Europas. Er war Stipendiat des Recherchestipendiums des Berliner Senats 2018. Er ist Gründungsmitglied von Decolonising Design.

Dr. Luiza Prado ist Künstlerin und Forscherin. Ihre Arbeit setzt sich mit Material und visueller Kultur auseinander, durch die Linse dekolonialer und queerer Theorien. Sie interessiert sich insbesondere für Technologien und Praktiken der Geburtskontrolle und ihrer Verbindungen mit kolonialen Hierarchien von Gender, „Rasse“, Ethnizität, Klasse und Nationalität; ihr gegenwärtiges künstlerisches Rechercheprojekt, namens A Topography of Excesses, untersucht die Vermittlung von indigenem Wissen über pflanzliche Geburtenkontrolle in Brasilien als eine Dekolonisierungspraxis radikaler Pflege. Sie ist Gründungsmitglied von Decolonising Design.

Komische GEGEN-HINTERLASSEN-SCHAFT: Comics, KOLONIALISMUS, REPRäSENTATIOn UND Moderne  Workshop für Student*innen mit Lambert Mousseka, 15.01.–18.01., 21.01.2019, 10:00–16:00, Deutsch/Englisch, Französisch und Lingala Übersetzungen möglich. Kolonialismus wird hauptsächlich als die Einheit vergangener Prinzipien begriffen, die durch Machtverhältnisse zwischen Europa und der kolonisierten Welt  entstanden sind. Aber wir müssen jener Realität ins Auge schauen, dass der Kolonialismus nichts Vergangenes ist, sondern immer noch auf mehreren Ebenen wirkt und mithin Teil alltäglicher „Normalitäten“ ist: Er ist präsent in dem, was wir lesen, was wir essen, was wir trinken, in der Art, wie wir uns bewegen. In diesem Workshop werden wir uns aktiv auf die Dekolonisierung von Gedanken konzentrieren und auf die Formen, die sie annehmen kann. Das ist nicht möglich, ohne über Rassismus und andere Formen der Demütigung zu sprechen, die sich in der Art, wie wir uns begegnen, manifestieren: gestisch, sprachlich, in der Art, wie wir unsere Umgebung wahrnehmen und wie wir Zusammenleben gestalten, in einem Raum wie Deutschland. Wir werden über diese subtilen und weniger subtilen Realitäten sprechen, und sie uns innerhalb Dessaus anschauen, stets mit den inhärenten Tendenzen der Moderne und des Modernismus im Hinterkopf. Um diesem komplexen Thema näher zu kommen, werden wir uns mit einer Praxis auseinandersetzen, die selbst vielseitig ist: mit dem Comic. Comics sind Zeugnisse von Voreingenommenheit und Überzeichnungen, aber auch von Wünschen der Gesellschaften, die sie erzeugen. Im Kontext der D. R. Kongo, wo die Comicszene seit mehreren Jahrzehnten pulsiert und eine spezifische und vielseitige Geschichte aufweist, ist diese Komplexität buchstäblich in die Praxis hineingezeichnet. Sie ist verbunden mit der einstigen Kolonialmacht, Belgien, dessen weltberühmte Comickultur wiederum hochproblematische Repräsentationen hervorgebracht hat – „Tim und Struppi im Kongo“ als eines der bekanntesten. Um einen Anfang zu machen, werden wir dieses Comic dekonstruieren und nach und nach unsere eigenen Narrative und Charaktere bilden, entlang der Thematiken Repräsentation, Erbe und Hinterlassenschaft. Jede Studiengruppe wird eine Botschaft hinterlassen, einen Charakter oder Dialog, den die nächste weiterentwickeln wird, bis wir schließlich das Ergebnis auf der Fassade der „Wohnmaschine“ ausstellen und dem Dessauer Publikum als „Comic Gegen-Hinterlassenschaft“ vorschlagen, bevor es zur Festival-Eröffnung „100 Jahre Bauhaus“ in Berlin (Akademie der Künste) weiterzieht. 

Lambert Mousseka geb. in Kananga, D.R. Kongo. Studierte Marketing und Puppenspiel in Kinshasa, bevor er sich der Kunst widmete. 2008 absolvierte er sein Studium an der Akademie der Bildenden Künste Stuttgart. Er arbeitet als Puppenspieler und Bühnenregisseur, etwa für die Ruhr Triennale. Ausgestellt hat er unter anderem in der D. R. Kongo, in vielen anderen afrikanischen Ländern, in Frankreich, Pakistan, Deutschland, etc., und beteiligt sich an vielen Initiativen und Künstlerresidenzen. In Kinshasa hat er den „Espace Masolo“ mitgegründet, einen Raum, in dem seither inter-generationelle Wissensvermittlung stattfindet.