In What Century Will the Earth’s North and South Poles Change Polarities?

– On, Of, For, With Ben Patterson

Inmitten der Ungewissheiten, Dringlichkeiten und Unklarheiten unserer Zeit ist es wichtig, Raum zu finden für Innenschauen und Rückschauen. Und was ist mit Innenlauschen und Rücklauschen? Ist es nicht ebenso wichtig, Raum und Zeit zu finden, um uns wirklich hinein- und zurückzuhören?

Dieses Projekt ist ebenso eine Reflexion wie eine Würdigung des bahnbrechenden Werks des afroamerikanischen Künstlers Benjamin Patterson (1934-2016). Es ist ein Versuch, das umfangreiche Werk eines der Gründungsmitglieder der Fluxus-Bewegung aus der Stille zu bergen, es neu zu inszenieren und neu zu interpretieren. Es ist eine Möglichkeit, auf Ohrhöhe zu hören.

Sechs Jahre nach seinem Übergang ins Jenseits ist es an der Zeit, Bilanz zu ziehen und Benjamin Patterson mit einer ersten umfassenden Einzelausstellung in Berlin zu gedenken. Diese Ausstellung versammelt Originalpartituren des Künstlers ebenso wie Texte, Kunstwerke, Objekte, Videos, Kompositionen und anderes Archivmaterial.

Für das öffentliche INVOCATIONS-Programm lädt SAVVY Contemporary gemeinsam mit dem Patterson Estate und dem MaerzMusik-Festival Künstler:innen, Kurator:innen, Wissenschaftler:innen und Mitreisende ein, über Pattersons Werk aus fünf Jahrzehnten nachzudenken und neu zu beleben. Das Projekt basiert auf einem multidisziplinären kuratorischen Ansatz, der sich auf Pattersons Welten stützt, dabei aber historisch und künstlerisch über Fluxus hinausgehen will – ein Spiel mit und über die Zeit, ein Archiv in Aktion.

Das Projekt stützt sich auf eine mehrjährige Recherche von SAVVY Contemporary, die Werke aus fünf Jahrzehnten von Benjamin Patterson zusammenbringt, darunter "When Elephants Fight, It Is the Frogs That Suffer (2016-17)", eine Auftragsarbeit für die documenta14 (Athen und Kassel, 2017).

BENJAMIN PATTERSON
(1934 in Pittsburgh/USA – 2016 in Wiesbaden/ Germany)

war Musiker, Künstler und Komponist sowie klassischer Kontrabassist und früher Mitbegründer der Fluxus-Bewegung: ein Wegbereiter der Performance- und Aktionskunst. Mit Ironie, Humor und einem umfassenden Verständnis seiner Notationsmethode überschreitet Benjamin Patterson die Grenzen zwischen verschiedenen Kunstformen und eröffnet Räume kollektiver Möglichkeiten, indem er den Kanon hinterfragt und gleichzeitig die Grenzen dessen öffnet, was wir Musik nennen.

Patterson erwarb 1956 seinen Bachelor of Music und begann seine erste berufliche Tätigkeit als klassischer Musiker beim Halifax Symphony Orchestra in Kanada. 1958 wurde er von der US-Armee in ihr einziges Sinfonieorchester in Stuttgart, Deutschland, einberufen. In den frühen 1960er Jahren arbeitete er mit anderen Künstler:innen zusammen. Als die Medien den Begriff "Fluxus" im September 1962 einer breiteren Öffentlichkeit bekannt machten, folgten rasch Ausstellungen und Veranstaltungen. Gemeinsam mit Dorothy Rudd Moore, Steve Chambers und Carmen Moore war Patterson 1968 Mitbegründer der Society of Black Composers.

Ein Großteil von Pattersons künstlerischer Laufbahn war weltweit angelegt und führte ihn an Orte wie Japan, Israel, die Tschechische Republik, Frankreich, Italien, Namibia, Brasilien und Los Angeles. Im Jahr 2010 wurde im Museum for Contemporary Arts Houston in Texas die erste große Retrospektive seiner Karriere eröffnet, die anschließend in das Studio Museum in Harlem und den Nassauischen Kunstverein in Wiesbaden reiste. Im Jahr 2012 war Patterson an der Konzeption und Planung des 50-jährigen Jubiläums von Fluxus in Wiesbaden beteiligt. Seit 2012 nahm Patterson zahlreiche Einladungen zur Wiederaufführung von Werken, zur Teilnahme an Ausstellungen und Veranstaltungen an. Sein letztes Werk, bevor er ins Jenseits ging, war „When Elephants Fight, It Is the Frogs That Suffer“ (2016–17), das auf der documenta14 präsentiert wurde.