SAVVY heißt
Renan Laru-an als Künstlerischen Leiter ab 2023 willkommen

Image: Courtesy of Singapore Art Museum
Image: Courtesy of Singapore Art Museum

   
​​​​​​​Der Leitungswechsel in einem Kunstraum, der zugleich das Zuhause einer Gemeinschaft ist und in dem Gedanken und Klänge, Mahlzeiten und Sorgen, Realitäten und Imaginationen geteilt werden, ist keine Formalie. Er ist ein fortwährendes Abtasten und Einstellen von Frequenzen.

Wir sind dankbar, Renan Laru-an in einer Konstellation von Wellenlängen begegnet zu sein, die ihn als neuen Künstlerischen Leiter von SAVVY Contemporary empfehlen. Der Forscher, Denker und Kurator spricht mit der Art von Direktheit und Verletzlichkeit über sein Dasein in der Welt und seine Vision für SAVVY, die Widerstandsfähigkeit und Möglichkeit verspricht. Seine poetische Praxis zeigt Wege in und durch gelebte Dringlichkeiten, die weit über die „Projekthaftigkeit“ unseres kurzfristigen und kurzsichtigen Jetzt hinausgehen. Dieser Ansatz überzeugte sowohl das SAVVY Contemporary Team als auch unsere Berater:innen Koyo Kouoh, Oscar Murillo und Nora Sternfeld, für deren kontinuierliche Unterstützung unserer Arbeit wir überaus dankbar sind.

Renan Laru-an wird uns ab Januar 2023 in Berlin-Wedding begleiten und damit die Künstlerische Leitung von Bonaventure Soh Bejeng Ndikung, dem SAVVY-Gründer und Leiter der letzten dreizehn Jahre und zukünftigen Intendanten des Berliner Haus der Kulturen Welt, sowie von den Ko-Leiterinnen Elena Agudio und Arlette-Louise Ndakoze übernehmen.

Bonaventure Soh Bejeng Ndikung: „Eine der größten Herausforderung im Leben ist es, loszulassen. Das einzige, was dabei hilft, ist das Wissen darum, dass man das, was man loslässt, in guten Hände gibt.

Über dreizehn Jahren bemühten wir uns – derzeit 24 Menschen aus 14 Ländern –, ein Nicht-Zentrum für kritisches Denken mit und durch die Künste sowie eine Gemeinschaft des Dazugehörens zu aufzubauen. Während ich persönlich einen weiteren Weg einschlage, bestärkt mich die Gewissheit, dass wir mit Renan einen Künstlerischen Leiter gefunden haben, der ein profunder Denker und eine warmherzige Führungspersönlichkeit ist. Gemeinsam mit den geschäftsführenden Ko-Leiterinnen Lema Sikod und Lynhan Balatbat-Helbock sowie dem gesamten SAVVY-Team wird Renan Laru-an die Aufgabe der kritischen wie affektiven Gemeinschaftsbildung fortsetzen und SAVVY Contemporary gleichzeitig zu neuen Bestimmungen und Zielen begleiten.

Was mich betrifft, so kann ich meinen Weg von SAVVY aus fortsetzen, und dennoch SAVVY immer in mir tragen. Ich bin stolz darauf, den Staffelstab an Renan Laru-an weiterzugeben.”

SAVVY Contemporary wurde 2009 von Bonaventure Soh Bejeng Ndikung in der Absicht gegründet, eine Plattform für kritisches Denken und Gastlichkeit bereitzustellen. Diese entwickelte sich unter seiner Leitung zu einem Ort der Gemeinschaftlichkeit, der auf gegenseitige Fürsorge bei der Pflege von Beziehungen setzt. Als (Para-)Institution, die sich im immerwährenden Werden befindet, haben wir mit vielfältigen Formaten experimentiert und uns auf radikale Weise mit Perspektiven auf epistemologische Vielfalt, die koloniale Erfindung der Wissenschaften, Dekanonisierung, Verlernen, Neu-Hören, Teilhabe, Solidarität, "Ultra-Vernunft" und radikale Liebe auseinandergesetzt – in unseren Nachbarschaften in Berlin, im weiteren Kontext von Deutschland sowie durch internationale Kollaborationen und Netzwerke.

SAVVY Contemporary würdigt die Vielfältigkeit von Epistemologien, indem wir Wissen im Plural als Mittel zur Dekolonisierung der Singularität von Wissen einsetzen. SAVVY Contemporary bietet Raum, um über die Kolonialitäten von Macht (Anibal Quijano) und deren Auswirkungen auf Geschichte, Geografie, Gender und Rassifizierung nachzudenken. Es ist ein Raum für dekoloniale Praktiken und Ästhetik, in dem epistemologischer Ungehorsam und Entkopplung (Walter Mignolo) praktiziert werden. Wir schlagen vor, Sylvia Wynter zu folgen – “towards the Human, after Man.”

Der neue Leiter wird eng mit einem Team von ca. 20 Personen zusammenarbeiten. Wir sehen die Stärke von SAVVY Contemporary sowohl in den konzeptionellen als auch in den körperlichen Achsen unserer Praxis. In einer Zeit, in der die Welt mit Herausforderungen konfrontiert ist, die die Pluralität von Kulturen, Sprachen, Kosmologien, Ökologien, Ökonomien sowie das Leben selbst bedrohen, halten wir an der Überzeugung fest, dass "ein anderes Wissen und eine andere Art des Seins möglich ist" (Boaventura de Sousa Santos), und wir bemühen uns, Kunst und Kultur als Werkzeug und Methode zu nutzen, um Vorstellungen zu verhandeln und aufzuzeigen, die sich aktiv gegen alle Formen von Gewalt und „Othering“ wehren.

Oder wie Renan Laru-an es beschreibt: „Wir brauchen einen Glauben an das Fantastische. Denn was, außer des künstlerischen Seins, könnte in den Ängsten von heute die am wenigsten unheimliche Empfindung einnehmen? In der andauernden Krise der Wiedervereinigungen, in der wir alle entlang der Küsten des Möglichen und Unmöglichen navigieren, tragen wir die Kunst zu ihrem Sozius – zum obligatorischen Feld des Miteinander und Entgegenkommens.

Herzlich willkommen, Renan! Wir sind dankbar für fortgesetzte Neuanfänge.


RENAN LARU-ANist Forscher und Kurator. Er entwirft Ausstellungs-, Publikums- und Rechercheprogramme, die "unzureichende" und "subtrahierte" Bilder oder Themen an der Schnittstelle von Entwicklungs- und Integrationsprojekten untersuchen.

Er ist Gründungsmitglied des Philippine Contemporary Art Network (PCAN), einer kürzlich gegründeten öffentlichen Institution für zeitgenössische Kunst, die im Vargas Museum der Universität der Philippinen untergebracht ist, und fungiert seit 2017 als Koordinator für öffentliches Engagement und künstlerische Formation. Laru-an hat Festivals und Biennalen (mit-)kuratiert, darunter die 2. Biennale Matter of Art, Prag (2022); die 6. Singapur-Biennale, Singapur (2019); das 8. OK.Video-Indonesia Media Arts Festival, Jakarta (2017); und die 1. Lucban Assembly, Quezon (2015). Weitere Ausstellungen sind unter anderen Sourcebook: Mandy El-Sayegh und Helena Hunter, LUX, London (2022); But Ears Have No Lids: Maayan Amir und Ruti Sela, PCAN, Manila (2021); Motions of this Kind, SOAS, London (2019); A Tripoli Agreement, Sharjah Art Foundation, Sharjah (2018); The Artist and the Social Dreamer, Forecast Festival, Haus Der Kulturen Der Welt, Berlin (2017); From Bandung to Berlin: If all of the Moons Aligned, SAVVY Contemporary, Berlin (2016).

Renan ist Herausgeber der Anthologie Writing Presently (PCAN, 2019), und war mit titre provisoire Mitherausgeber von Turning Points: Coincidences in Prepositions (2022) für das Rosa Mercedes Journal des Harun Farocki Instituts. Ein laufendes Projekt ist Promising Arrivals, Violent Departures – eine theoretische Studie über die Entwicklung der künstlerischen, kuratorischen und visuellen Kulturen im Ausstellungserbe und in den Ausstellungspraktiken des nicht-metropolen Mindanao, der südlichsten Region der Philippinen.

Laru-ans wissenschaftliches Arbeiten wurde von der Foundation for Arts Initiatives, der National Commission for Culture and the Arts und anderen Stipendien unterstützt. Er ist kuratorischer Berater der 58. Carnegie International.

Zwischen 2012 und 2015 leitete Renan die inzwischen eingestellte, multidisziplinäre und virtuelle Organisation DiscLab | Research and Criticism.