Between Riot & Choir
HERMAPRODITO (beyond the idea of queerness)

Performance & Gespräch 19.10.2024 19:30
MIT Otniel Tasman
FREIER EINTRITT Spenden erwünscht
BESUCH SAVVY ist mit dem Rollstuhl zugänglich
Otniel bittet Euch, einen kleinen Taschenspiegel mitzubringen, durch den ihr die Performance anschauen könnt.
Im Rahmen von SOCIETY: OR INFINITE REHEARSALS präsentieren wir BETWEEN RIOT AND CHOIR – eine Reihe von miteinander verbundenen Solo-Performances, in denen Tanz- und Bewegungspraktiker:innen die konzeptionellen Vorschläge dieses Ausstellungs- und Rechercheprojekts betrachten und darauf reagieren. Die Performanceserie, deren Titel auf einen Text von Fred Moten über die soziale Natur von Tanz und Bewegung zurückgeht, materialisiert die Verbindungen und Geschichten, mit denen jeder tanzende Körper, auch wenn er allein tanzt, unweigerlich verbunden ist.
Wir denken hier an spezifische kulturelle Bewegungstraditionen, an Choreografien, die durch und über die besonderen Fähigkeiten eines Körpers erlernt werden, an somatische Praktiken, Kontaktimprovisation – und insgesamt an die Beziehung, die im Tanzen mit einer:m anderen (oder anderen) in Gruppen entsteht, die sich mit dem asymmetrischen, turbulenten Rhythmus eines Aufstands oder Protests ebenso bewegen können wie mit der Harmonie eines Chors.
Zur letzten Performance in der Reihe begrüßen wir unseren derzeitigen Künstler in Residenz, Otniel Tasman. Der Performer, Choreograf und Lengger nutzt den Körper als politisches Instrument. Diese Performance erforscht die Radikalität des lebendigen Körpers als eine Form des Kampfes, die konventionelle Arten des Fühlens in Frage stellt und neue, fantasievolle und poetische Erfahrungen schafft. Sie verbindet ethisch-politisches Engagement mit transfeministischem und queerem Bewusstsein, indem sie Vielfalt neu untersucht, Privilegien abbaut und Verletzlichkeiten anerkennt. Otniel Tasman setzt politische und dekoloniale Körper, Perspektiven, Gefühle und Animalisierung ein, um den Geist von Lengger zu dekonstruieren. Die Arbeit befasst sich auch mit der sozialen Klassifizierung von Lebewesen und der Dominanz subalterner Körper als Techniken institutioneller Gewalt, die unsere Wahrnehmung des Körpers und der Welt prägen.
Otniel erläutert uns seine Praxis:
Seit 12 Jahren beschäftige ich mich mit Genderkonflikten als Ausübender des traditionellen Lengger-Tanzes der Banyumas, der gemeinhin als ein „geschlechterübergreifender“ ritueller Tanz verstanden wird, der von männlichen Tänzern in weiblicher Kleidung aufgeführt wird. Lengger umfasst unsere indigenen Symbole für Fruchtbarkeit, Spiritualität und Kosmologie, einschließlich des spirituell verkörperten Konzepts „nyawiji“, was so viel bedeutet wie „wenn zwei eins werden“ – dies ist die Grundlage meines kreativen Prozesses.
Im Laufe meines Schaffensprozesses, in dem ich zeitgenössische Performances entwickelt, Tanzfilme gedreht, ein Lengger-Festival veranstaltet und ein Buch über Lengger geschrieben habe, habe ich neue Werte erhalten, die sich aus dem Erkundungsprozess ergeben, nicht nur in Bezug auf die Formen der Kunstwerke, sondern auch durch meinen Denkprozess, mein akademisches Wissen und die Kollisionen mit anderen Medienformen.
Lengger ist einzigartig, weil es von Männern getanzt wird, die weibliche Kostüme und Make-up tragen, und die Tänzer sind allgemein als Lengger Lanang (männliche Lengger) bekannt. Um ein Lengger zu werden, muss man sich mit den traditionellen Lengger-Kunstfertigkeiten ausstatten und auch die Spiritualität der Lengger-Kosmologie praktizieren. Bis heute beschäftige ich mich in meiner Arbeit mit auf Lengger basierenden Ideen und zeitgenössischen Choreografien.
OTNIEL TASMAN ist Choreograf und Lengger (ein traditioneller Cross-Gender-Künstler aus der Banyumas-Tradition) aus der Banyumas-Region in Zentraljava, Indonesien. Er setzt sich für Geschlechtergerechtigkeit ein und erforscht die Weisheit der Lengger-Tradition, die fließende Geschlechterwerte hat, die mit der Philosophie und Spiritualität des Lebens in der Banyumas-Tradition übereinstimmen. Otniel choreografiert nicht nur Tanzwerke mit traditionellen und zeitgenössischen Ansätzen, sondern hat auch das Jagad Lengger Festival als soziokulturelle choreografische Praxis ins Leben gerufen, um die Weisheit der Banyumas-Lengger-Tradition auszugrabe, zu pflegen und weiterzuentwickeln und sowie lokales Wissen zu produzieren und zu fördern, das von der Banyumas-Lengger-Gemeinschaft gelebt wird. Mit seinem Buch Lengger is my Religion (2021) versucht Otniel, seine Lebenserfahrung als Lengger zu vermitteln und mit der Öffentlichkeit über Körper, Geschlecht, Tradition und Spiritualität zu sprechen.
Foto Ardy Cahyo
Förderung Diese Performance-Reihe ist Teil des 15-monatigen Programm TRANSITIONS, das von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien gefördert wird. Die Performance ist möglich dank des Berlin-Aufenthalts von Otniel im Rahmen des REFLEKT Residency-Programm, das von den Goethe-Instituten in Indonesien, in Malaysia und auf den Philippinen gemeinsam mit SAVVY Contemporary und TanzFaktur organisert wird. Es richtet sich an Künstler:innen und Kulturschaffende aus Indonesien, Malaysia, den Philippinen und Timor-Leste.
